Bischof Dr. Manfred Scheuer
„Vor 163 Jahren entschloss sich der damalige Bischof von Linz, Franz Joseph Rudigier, einen neuen Dom zu errichten. Sicherlich ein gewagtes Unterfangen, sollte der Dom doch ausschließlich mit Spendengeldern finanziert werden, um dem festen Glauben der Menschen in Oberösterreich materiell Ausdruck zu verleihen. Das Projekt des Linzer Dombaus war in dieser Zeit das größte in ganz Europa und sowohl technisch als auch logistisch eine Meisterleistung.
Nach 62 Jahren Bauzeit war es tatsächlich geschafft und die flächenmäßig größte Kirche Österreichs konnte am 29. April 1924 eingeweiht werden. Der Mariendom ist seitdem Bischofskirche, Pfarrkirche der Dompfarre sowie ein wichtiger kultureller Veranstaltungsort. Er ist aber auch eine bedeutende Sehenswürdigkeit der Stadt Linz und prägt entscheidend das Stadtbild.
Nun ist der Mariendom über 90 Jahre alt und es stehen umfangreiche Sanierungsmaßnahmen an. Wie schon beim Dombau sind wir auch jetzt wieder auf Spendengelder angewiesen, um die Erhaltung unseres Doms gewährleisten zu können. Die Initiative Pro Mariendom hat es sich zum Ziel gesetzt, hier tatkräftig zu unterstützen. Ich bedanke mich daher bei allen Mitwirkenden in der Initiative, insbesondere bei Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer und Bürgermeister Mag. Klaus Luger, die als Schirmherren die Initiative für das Land Oberösterreich und die Stadt Linz unterstützen. Ebenso möchte ich mich recht herzlich bei Landeshauptmann a. D. Dr. Josef Pühringer bedanken, der sich bereit erklärt hat, als Motor der Initiative Pro Mariendom zu fungieren.
Dome scheinen einerseits nicht modern zu sein, sind aber andererseits durchaus aktuell, wenn man bedenkt, dass Funktionsbauten als Dome, Tempel oder Kathedralen bezeichnet werden. So gibt es einen „Aquadome“, eine „Kathedrale des Nahverkehrs“, Sportpaläste oder Geldtempel. Diese religiösen Anleihen zeigten, dass in dieser Architektur etwas ist, das Menschen berührt. Kirchenbauten sind Gestalt gewordener Glaube vergangener Generationen und Sprache des Glaubens. Kirchen und ihre Türme verkörpern eine ethische, soziale, spirituelle und zugleich eine ästhetische Instanz. Gerade in unserer Zeit, in der eine gewisse Orientierungslosigkeit nicht zu verhehlen ist. Kirchen vermitteln allein durch ihre bauliche Präsenz – schweigend – ein stilles Wissen aus Erfahrungen und Zukunftshoffnungen. Sie faszinieren Jung und Alt, die Gebliebenen und die BesucherInnen, die Romantiker und die Modernen, die Gläubigen und die Nichtgläubigen.
Der Mariendom als größte Kirche Österreichs und als „Leitkirche“ in Oberösterreich beeindruckt durch seine Dimensionen, durch seine architektonische Schönheit und seine besondere Atmosphäre. In einer Zeit der Veränderung und der Umbrüche und mitten im Getriebe der Großstadt vermittelt der Mariendom Beständigkeit, Verlässlichkeit und Stabilität. Gleichzeitig weist der in den Himmel ragende Turm über uns hinaus, auf etwas Größeres, jemand Größeren, den wir Christen Gott nennen. Dieser Verweis nach oben stößt die Sehnsucht in uns an, dass es mehr als alles geben muss, dass wir mehr erwarten dürfen als das, was uns diese Welt zu bieten hat.
Der Mariendom ist Heimat für die Menschen der Dompfarre, Ruheort für Suchende und Rastlose, ein Ort des Gebets und der Sammlung, eine beeindruckende Sehenswürdigkeit für TouristInnen und BesucherInnen, eine einzigartige Kulisse für KonzertbesucherInnen und MusikerInnen auf dem Domplatz, ein einzigartiger Rückzugsort für Menschen, die eine Woche als EremitInnen in der Türmerstube wohnen, und ein vertrauter Anblick für jene, die in Domnähe arbeiten bzw. leben. Helfen wir alle zusammen, dass unser Mariendom auch in Zukunft als ein spirituelles Zentrum und Wahrzeichen unseres Landes und unserer Landeshauptstadt erhalten bleibt.“
Bischof Dr. Manfred Scheuer
Schirmherr der Initiative Pro Mariendom