„Geht hinaus und verkündet das Evangelium“ – Eine Idee, geboren im Schatten der Fronleichnamsprozession

Ich bin weder Mitglied im Pfarrgemeinderat noch Teil des Seelsorgeteams. Doch nach dem plötzlichen Tod unseres langjährigen Pfarrers – und noch bevor ein neues Seelsorgeteam beauftragt wurde – habe ich spontan die Öffentlichkeitsarbeit übernommen. Ein Talent, mit dem ich mich gerne einbringe.
Am Fronleichnamstag war das Dorf geteilt: Manche Nachbarn wuschen ihre Autos, andere hatten noch die Fensterrolläden unten, viele nutzten das lange Wochenende für einen Kurzurlaub. Und ich? Ich machte mich auf den Weg zur Prozession. Nicht nur, um ein paar Fotos zu machen – sondern weil mir das gemeinsame Feiern wichtig ist. Die Pfarrgemeinde ist für mich ein Stück Heimat, ein Anker in meinem Leben und Glauben. Eine der großen Sorgen der alteingesessenen Pfarrgemeindemitglieder lautete: „Wie feiern wir Fronleichnam ohne Priester?“ Und doch – alle waren da. Alle vertrauten auf ihre Talente, auf den Zusammenhalt, auf das gemeinsame Feiern. Es wurde ein schönes, lebendiges Fest. Eigentlich wie immer.
Nach der heißen Prozession saßen wir beim Frühschoppen zusammen. Die Fahnenträger, darunter auch der Grundfunktionskoordinators des Seelsorgeteams für den „Gemeinschaftsdienst“, unser Diakon und ich – wie viele andere – gönnten uns ein kühles Getränk. Und genau dort, im Schatten des Gastgartens, entstand im Gespräch eine Idee:
Warum warten wir darauf, dass die Menschen zu uns kommen? Warum gehen wir nicht zu ihnen? Warum bringen wir nicht den „Leib Christi“ dorthin, wo sie leben? Traditionell führte auch 2025 unsere Fronleichnamsprozession durch den Ortskern. Warum nicht Fronleichnam auch in den neuen Siedlungen feiern? Warum nicht dorthin gehen, wo Kirche im Alltag kaum sichtbar ist?
Wir begannen zu überlegen:
- Wo könnten in einer neuen Siedlung Altäre entstehen?
- Welche Orte eignen sich für eine Feier?
- Wie könnte eine neue Route für die Fronleichnamsprozession aussehen?
- Wie erreichen wir Menschen, die sonst nicht kommen?
Diese Idee wurde weitergetragen – zuerst ins Seelsorgeteam, dann in den Pfarrgemeinderat. Und jetzt sprechen wir darüber. Es sieht gar nicht schlecht aus, dass eine neue Route entsteht.
Was hier entstand, war keine geplante Maßnahme, kein Tagesordnungspunkt. Es war gelebte Verkündigung. Eine spontane Eingebung, geboren aus dem Zuhören, dem Miteinander, dem Nachdenken über unseren Auftrag als Kirche heute.
Denn manchmal braucht es nur offene Ohren, ein wenig Mut – und ein kühles Getränk im Schatten eines Festes – damit neue Wege der Gemeinschaft und des Glaubens entstehen können.
Lesetipp: Wenn im Pfarrgemeinderat neue Ideen eingebracht werden oder entstehen, dann kann es zu verschiedenen Brems-Manövern kommen, die die Weiterentwicklung aufhalten. Im mittendrin September 2025 auf Seite 2 liefert Bernadett Hackl Tipps, wie diese Brems-Manöver aufgedeckt und relativiert werden können.